Dramatischer Fachkräftemangel: Deutschland fehlen 465.000 Arbeitskräfte

Eine Studie zeigt, dass in Deutschland ein großer Mangel an Fachkräften vorherrscht. Unterschiede je nach Branche. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit Lösung.

Berlin/Köln – Im vergangenen Jahr hat sich der Fachkräftemangel in Deutschland deutlich verschärft. Wie es vom Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in seinem Jahresrückblick 2021 heißt, habe sich die Fachkräftelücke im Verlauf des Jahres mehr als verdoppelt. Darüber berichtet die dpa.

Fachkräftemangel in Deutschland: Zahl mehr als verdoppelt innerhalb eines Jahres

Wie aber drückt sich dieser Fachkräftemangel in konkreten Zahlen aus? Die Zahl der offenen Stellen, für die es rechnerisch bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen gab, sei von rund 213.000 im Januar 2021 auf gut 465.000 im Dezember 2021 angestiegen.

Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) ist alarmiert wegen des gestiegenen Fachkräftemangels in Deutschland – und stellt Forderungen an die Politik (kreiszeitung.de-Montage)

© Metodi Popow/Christoph Hardt/imago

Gemäß der Untersuchung vom Kofa tangiert der steigende Fachkräftemangel den gesamten Arbeitsmarkt. Diese Engpässe sind vor allem bei der Bauplanung und -überwachung, bei der Informatik sowie in der Altenpflege und in der Physiotherapie besonders stark ausgeprägt.

Größte Fachkräftelücke im Bereich „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“

Bereiche, in denen rein rechnerisch 2021 im Schnitt mehr als acht von zehn offenen Stellen nicht mit passend qualifizierten Arbeitslosen besetzt werden konnten. Generell war die Fachkräftelücke im Verhältnis zu den offenen Stellen der Kofa-Studie zufolge im Berufsfeld „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“ am größten.

Es folgt der Bereich „Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik“. Stark verschärft habe sich der Fachkräfteengpass zuletzt in den Berufsbereichen „Naturwissenschaften, Geografie und Informatik“ sowie „Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit“. Doch gibt es auch „Positives“ zu vermelden.

Robert Habeck (Grüne): Wirtschaftsminister kritisiert deutsche Hürden für Facharbeiter aus dem Ausland

Hiermit sind die kleinsten Engpässe und auch der geringste Zuwachs im Jahresverlauf gemeint. Laut der Studie vom Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung handelt es sich hierbei um das Berufsfeld „Sprach-, Literatur-, Geistes-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Medien, Kunst, Kultur und Gestaltung“.

Der akute Fachkräftemangel ist aber auch Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht verborgen geblieben. Der Grünen-Politiker kritisiert vor diesem Hintergrund vor allem die deutschen Hürden für Facharbeiter aus dem Ausland. „Abschlüsse werden nicht anerkannt, Anträge müssen von Botschaften bearbeitet werden“, wird Habeck unter anderem von der französischen Zeitung „Ouest-France“ zitiert.

Habeck befürchtet Fehlen von „etwa einer halben Million Arbeitskräfte“ – wenn die Politik nicht eingreift

Nach Ansicht vom Wirtschaftsminister reiche es nicht, Fachkräfte einfach nur nach Deutschland einzuladen. „Sonst stehen sie im Regen vor dem Frankfurter Flughafen und kommen nicht weiter. Wir müssen viel Infrastruktur aufbauen, um das zu organisieren“, fordert Robert Habeck, der sich auch für eine Erhöhung der Hartz-Sätze einsetzt*.

Ohne politische Maßnahmen werden bis zum Ende der Wahlperiode etwa eine halbe Million Arbeitskräfte fehlen.

Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) spricht über den Mangel an Fachkräften in Deutschland

Schon im Herbst 2021 hätten laut Habeck 390.000 Fachkräfte gefehlt. Einerseits hätten hoch qualifizierte IT-Fachkräfte keine Schwierigkeiten, nach Deutschland zu kommen. Doch andererseits gehe es darum, „die Zuwanderungsvoraussetzungen auch für andere – insbesondere diejenigen mit Berufsabschlüssen – zu erleichtern“, so Habeck.

Fachkräftemangel nimmt Deutschland in die Pflicht: Wirtschaftsminister Habeck fordert leichteren Zugang in den deutschen Arbeitsmarkt für Zuwanderer

Leichter gesagt, als getan. Denn in dieser Hinsicht spricht der Grünen-Politiker von einem Kraftakt. Es müssten schon im Ausland Kapazitäten zur Vorqualifikation aufgebaut werden. Doch auch die Bundesrepublik nimmt Robert Habeck in der Causa Fachkräftemangel in die Pflicht:

In Deutschland müssen wir uns dann auch kümmern und hierfür die nötigen Ressourcen zur Verfügung schaffen. Und wir müssen die rechtlichen Voraussetzungen ändern, damit Zuwanderer leichter Zugang in den deutschen Arbeitsmarkt bekommen.

Grünen-Politiker Robert Habeck nimmt auch Deutschland in Bezug auf ein Entgegenwirken des Mangels an Fachkräften in die Pflicht

Wie die dpa unter Berufung auf die Bundesagentur für Arbeit (BA) mitteilt, hat die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur 2021 insgesamt 3200 Fachkräfte aus dem Ausland dabei unterstützt, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dies seien 700 mehr als noch 2020. Das wird jedoch nicht reichen. Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit, spricht von 400.000 Fachkräften aus dem Ausland – pro Jahr.

„Make it in Germany“: Robert Habeck (Grüne) startet Initiative, um Fachkräftelücke in Deutschland zu stopfen

Robert Habeck hat indes seinen eigenen Weg gefunden, um dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken. Mit einer neuen Initiative will der Wirtschaftsminister aktiv um Fachkräfte werben. Eigens hierfür hat der Grünen-Politiker ein Video aufgenommen.

Ein Video, „das sich an Fachkräfte auf der ganzen Welt richtet“. Das Motto hierbei: Make it in Germany. „Wir starten einen Aufruf, nach Deutschland zu kommen“, merkt Robert Habeck an. Um gemeinsam anzupacken und den Begriff „Fachkräftelücke“ schnellstmöglich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch zu entfernen. * kreiszeitung.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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