06. September 2022 – Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

06. September 2022 – Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Bayern, Fürstenfeldbruck: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nimmt an der Gedenkveranstaltung auf dem Fliegerhorst zum 50. Jahrestag des Anschlags auf israelische Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München teil.

Ein Thema in den Zeitungen: Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag des Olympiaattentats (Sven Hoppe/dpa)

Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG kritisiert: “Erst als die Peinlichkeit drohte, dass die israelischen Angehörigen die offizielle deutsche Gedenkfeier zum 50. Jahrestag boykottieren und stattdessen die Einladung Englands zu einer britischen Gedenkfeier annehmen, hat sich Deutschland bewegt. 28 Millionen Euro fließen nun an die Hinterbliebenen, mehr als Symbolik sind sie nicht für den Verlust und den jahrelangen Kampf um die Gewissheit der tödlichen Umstände. Für das Versagen 1972 ist übrigens kein Verantwortlicher zur Rechenschaft gezogen worden. Mit der jetzigen Gedenkfeier und den vermeintlich versöhnlichen Worten haben Deutschland und der Bundespräsident nur das Mindeste geleistet, ein Ruhmesblatt deutscher Geschichte ist der Umgang mit dem Attentat von München 1972 wahrlich nicht”, urteilt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
DIE TAGESZEITUNG meint: “Bei allen gut gewählten Worten des Bundespräsidenten und der Bitte um Verzeihung am Montag in München: Es ist vor allem die bundesdeutsche Zivilgesellschaft, die für eine Annäherung gesorgt hat. Das Eingeständnis von Schuld, aus dem die Pflicht zur Bewahrung der Erinnerung erwächst, bleibt Grundlage für das künftige Verhältnis zwischen Deutschen und Israelis – aber auch, wenn es um Antisemitismus heute geht. Zu Recht werden hierzulande die NS-Gräuel verurteilt – aber viel zu selten gilt Gleiches für Judenhass ohne NS-Regime. So wie in München 1972”, erinnert die TAZ.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kommentiert: “Es liegt ein tiefer Graben zwischen der deutschen und der israelischen Perzeption dieses Ereignisses – und die deutsche Seite hat in den vergangenen 50 Jahren viel dafür getan, diesen Graben tiefer werden zu lassen: durch Verdrängung und Vertuschung, die auf den desaströsen Polizeieinsatz zur Geiselbefreiung folgte. Dass vor diesem trennenden Hintergrund nun in München und Fürstenfeldbruck zum 50. Jahrestag eine gemeinsame Gedenkveranstaltung abgehalten werden konnte, darf also getrost zu den oft zitierten ‘Wundern’ im deutsch-israelischen Verhältnis gezählt werden”, bilanziert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG fordert: “Es ist an der Zeit. Es ist wirklich an der Zeit, Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für die Ermordung von elf israelischen Sportlern und einem deutschen Polizisten vor 50 Jahren. Wo bleiben Entschuldigung und Entschädigung – auf Seiten der Palästinenser? Denn eines ist klar: Die Täter von München waren palästinensische Terroristen. Dem Palästinenserführer Abbas fiel kürzlich in Berlin auf die Frage nach einer Entschuldigung nur der Hinweis auf israelische ‘Holocausts’ ein. Hier muss noch viel aufgearbeitet werden. Die Schuldfrage aber ist klar”, stellt die F.A.Z. fest.
Zwei der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke sollen bis zum Frühjahr 2023 als Notreserve für die Stromversorgung bereitstehen. Das ist das Ergebnis eines Stresstests, den Bundeswirtschaftsminister Habeck vorgestellt hat. Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf hält fest: “Ein Grünen-Politiker verkündet eine Laufzeit-Verlängerung! Ausgerechnet ein Minister der Partei, die im Kampf gegen Atomkraft entstanden ist. Auch wenn es nur eine kleine Laufzeit-Verlängerung und diese mit Nebenbedingungen verbunden ist, zeigt diese energiepolitisch sinnvolle Entscheidung doch, wie ernst die Lage ist.”
Die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe bemerken: “Politik lebt von Kompromissen und als ein solcher ist das offizielle Ergebnis des zweiten Strom-Stresstests zu lesen. Weder die Befürworter einer Laufzeitverlängerung noch die Gegner sind damit blamiert, weil beide jetzt irgendwie Recht bekommen haben. Die Meiler sind nicht weg, aber auch nicht mehr richtig da. Wirtschaftsminister Robert Habeck beugt zudem vor: Sollte der Strom im Winter doch noch knapp werden, muss er sich nicht den Vorwurf gefallen lassen, er habe die Chance auf eine zusätzliche Energiequelle frühzeitig vergeben. Politik lebt aber noch mehr von Glaubwürdigkeit, und da wäre eine ehrliche Antwort angemessener gewesen. Und die lautet: Ein Weiterbetrieb der drei Atomkraftwerke ist ein viel zu großes Risiko. Die letzten Sicherheitsprüfungen sind 13 Jahre her und es gab zuletzt keine mehr, weil das Aus der Meiler eigentlich besiegelt war”, stellen die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN fest.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) hebt hervor: “Bis zum Schluss wurde auf den Stresstest verwiesen, der über die weitere Nutzung der Kernenergie entscheiden soll. Das Ergebnis steht fest. Deutschland steigt auch in großer Not aus der Kernkraft aus, nur im absoluten Notfall sollen zwei Reaktoren als Reserve zur Verfügung stehen. Klar ist, für die Grünen zählt jede Kilowattstunde, es sei denn, sie stammt aus Atomenergie. Das auch Nicht-Grünen-Wählern zu erklären, wird für Habeck zu einem echten Stresstest.”

Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG erklärt: “Für den Moment hat sich Wirtschaftsminister Robert Habeck, der einstige Bundesvorsitzende der Grünen, jedenfalls aus dem Atom-Dilemma herausmanövriert. Den Menschen in der Region, die seit 50 Jahren mit dem Kernkraftwerk in Neckarwestheim leben, bleiben noch ein paar Monate mehr mit gemischten Gefühlen, die diese Technologie in der Nachbarschaft auslöst. Insgesamt bleibt zu hoffen, dass aus dem Notreservemeiler nicht auf den letzten Metern noch ein Notfallmeiler wird”, mahnt die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.

Liz Truss wird die neue Premierministerin des Vereinigten Königreichs. Der KÖLNER STADT-ANZEIGER beobachtet: “Dass Liz Truss den erhofften Neuanfang für die Partei bringt, der den Tories einen Sieg bei der nächsten Wahl garantieren soll, ist jedoch fraglich. In ihrem Wahlkampf wollte sie vor allem der Basis gefallen, anstatt Lösungen für die Sorgen der Briten aufzuzeigen. An Johnson erinnert dabei nicht nur, dass sie Versprechungen machte. Truss setzt seinen populistischen Politikstil fort, ist dabei jedoch, anders als ihr Vorgänger, weder charismatisch noch sonderlich beliebt”, bemerkt der KÖLNER STADT-ANZEIGER.

Das FREIE WORT aus Suhl warnt: “Folgt Truss der eigenen Rhetorik, sind enorme Kollisionen abzusehen. Die Realität der sozialen und wirtschaftlichen Krise, der sie bisher entschlossen den Rücken kehrte, wird schnell alles überlagern. Bittere Arbeitskämpfe, vor allem im öffentlichen Sektor, signalisieren einen Herbst und Winter allgemeinen Unmuts, Proteste, wie sie Großbritannien seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat.”

Die STUTTGARTER ZEITUNG erläutert: “In Schottland, dessen Regierung Liz Truss zu ignorieren gewillt ist, regt sich neuer, nationaler Widerstand. Dem liefert der aktuelle Rechtsruck in London frische Nahrung. Wer sich bei den Konservativen von der Ablösung Boris Johnsons einen Neustart erhoffte, dürfte sich diesen Start etwas anders vorgestellt haben.”
Die SCHWÄBISCHE ZEITUNG befindet: “Truss will Unternehmenssteuern senken, Reiche entlasten, Handelskrieg mit der EU führen, den schottischen Nationalisten den Stinkefinger zeigen. Die eklatante soziale Ungleichheit wird eher noch zunehmen: Auf dem Rücken der arbeitenden Bevölkerung erhält die klassische Tory-Klientel der Rentner Subventionen, während für junge Leute der Traum vom Eigenheim in unerreichbare Ferne rückt. Angesichts des massiven Rückgangs der Reallöhne und einer Inflation im zweistelligen Bereich haben Berufsgruppen von Eisenbahnern, Strafverteidigern, Lehrern und Uni-Dozenten bis hin zu Krankenschwestern Arbeitskämpfe angekündigt. Zunehmend weniger Schotten und Nordiren sehen ihre Zukunft in der Union mit England. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass dem Königreich unter seiner noch weiter nach Rechts rutschenden neuen Regierung schwere Zeiten bis hin zu politischen Unruhen bevorstehen.” Mit dieser Stimme aus der SCHWÄBISCHEN ZEITUNG aus Ravensburg endet die Presseschau.